
ClassicTwins aus Bad Säckingen
Katrin und Hanna Friedrich sind erst 19 Jahre alt und machen schon seit 14 Jahren Musik. Beide studieren an der Musikakademie Basel. Am liebsten treten sie zusammen auf.
Die eine studiert das Violinenspiel bei der französischen Koryphäe Raphaël Oleg. Die andere Klavier beim Leiter der Klavierklasse Tobias Schabenberger. Glück gehabt haben sie, um bis dorthin zu kommen. Aber vor allem hart gearbeitet. Die ClassicTwins Hanna und Katrin Friedrich aus Bad Säckingen leben für ihre Musik.
Der Flügel steht in einem lichtdurchfluteten Zimmer direkt an den großen Fenstern, im Schrank daneben liegt die Violine.
Zwei Hunde laufen umher, ihre Pfoten hinterlassen ein leise klickendes Geräusch auf dem Parkettboden. Ab und zu bellen sie. "Die sind auch sehr musikalisch", sagt Katrin Friedrich lächelnd. Beim Üben liegen beide Hunde unter dem Stuhl und schauen zu. Katrin spielt Violine, als Zweitfach Klavier. Klavier wiederum ist das Hauptfach ihrer Zwillingsschwester Hanna, die im Zweitfach Cello spielt. Die Zwillinge gibt es nur zu zweit: "Duo ist unsere Hauptsache", sagt Katrin. Hanna nickt enthusiastisch. Der Plan ist, zusammenzubleiben.
Mit dem Zusammensein fing alles an. Als die beiden in Basel geboren werden, sagt die Krankenschwester zu den Eltern: "Sie haben zu Hause aber hoffentlich nur ein Bett. Die beiden brauchen sich, die suchen sich." Nein, zu Hause stehen zwei Betten. Aber die Eltern folgen dem Rat der Ärzte, nehmen die Gitterstäbe heraus und schieben sie zusammen. Später bekommen sie zwei Zimmer, dürfen selber entscheiden, was damit passiert. Also richten sich Hanna und Katrin ein Zimmer als Arbeitszimmer ein, das andere als Schlafzimmer – "mit einem Bett und einem Stuhl davor, damit die Bettdecke nicht herunterrutscht", erzählt Mutter Dorothea Gutmann-Friedrich.
Frühmusikalische Erziehung am Anfang
Früher selber 28 Jahre lang bei der Stadtmusik, entscheidet sie, dass jedes ihrer Kinder frühmusikalische Erziehung bekommt. Der älteste Sohn spielt Schlagzeug, der zweite Sohn Klavier. Hanna macht es ihm nach und fängt ebenfalls mit dem Klavierspielen an. Sie legt so richtig los – und ist schnell besser als ihr Bruder. Katrin hingegen himmelt ihren Opa an und beginnt wegen ihm mit der Geige. Ihr Großvater lebte im Zweiten Weltkrieg mit seiner Geige in einem Erdloch, erzählt die Mutter. Beide spielen bei Lehrerin Eleonora Bub von der Bad Säckinger Jugendmusikschule.
Irgendwann sagt diese: Die sind zu gut. Die müssen von mir weg. Sie kommen erst nach Laufenburg, dann entdeckt eine Klavierdozentin der Musikakademie Basel Hanna. Wenig später hört sich die Geigendozentin der Akademie auch ihre Schwester an und nimmt Katrin als Schülerin auf. Aber den Unterricht in Basel gibt es nur privat. Und das kostet. Auf der Liste für offizielle Plätze sind sie auf Platz 80. Wartezeit: drei bis fünf Jahre.
Dann klingelt eines Tages das Telefon. "Wir waren gerade beim Mittagessen", sagt Mutter Dorothea Gutmann-Friedrich. Die Dozentin ist dran: Heute ist die Versammlung vom Gremium, da sind alle dabei und ihr ist eine Schülerin ausgefallen. "Bringen Sie die Zwillinge als Lückenfüller, damit das Programm weiterläuft." Also schnell umziehen, packen, ins Auto. Wenige Tage später meldet sich der Direktor. Die Zwillinge könnten vor eine Sonderkommission, wenn sie die Prüfung bestehen, sind sie als Schüler an der Musikakademie in Basel aufgenommen. Sie bestehen.
"Da haben sie schon wieder Glück gehabt", sagt Dorothea Gutmann-Friedrich kopfschüttelnd. Die beiden Mädchen sitzen still lächelnd am Tisch, fast als wäre ihnen ihr Werdegang ein wenig unangenehm. Inzwischen richtet sich die ganze Familie nach den Zwillingen aus. Wenn sie wegfahren, dann mit dem E-Piano und der Geige auf dem Dach. Denn Hanna und Katrin wollen täglich üben, auch im Urlaub. Ihr Vater ruft vorher im Hotel an und fragt, ob es einen Platz zum Spielen gibt. Hannas Schülerklavier, das so kaputt gespielt ist, dass der Klavierbauer nichts mehr machen kann, wird gegen einen Flügel ausgetauscht. Neue Geigensaiten braucht Katrin alle sechs Wochen.
Es folgt die Talentförderklasse, das zweite Instrument, Gehörbildung. Kurz vor dem Abitur kommt das Angebot für ein Vorstudium. Die Eltern fragen Hanna und Katrin: Das ist euer letztes Schuljahr. Wollt ihr viermal pro Woche abends nach Basel? Ja, ist die überzeugte Antwort. "Mir wird immer gesagt, Mensch, hast du die gestriezt", sagt Dorothea Gutmann-Friedrich, "aber das stimmt nicht. Das wollten sie selber."
Aufs Gymnasium gehen Hanna und Katrin in Waldshut-Tiengen. Um 17 Uhr holen sie Bruder, Vater oder Mutter ab. Fahren sie nach Basel. Nochmal Unterricht, um 22 Uhr sind sie dann zu Hause und machen bis 1 Uhr Hausaufgaben. Das Nebenstudium parallel zum Abitur ist ein Marathon, das geben die Zwillinge zu. Die Hochschulprüfung absolvieren sie drei Tage vor dem schriftlichen Abi. Und bestehen wieder beides.
Seit September studieren sie an der Hochschule in Basel und können endlich das tun, was sie lieben: 24 Stunden Musik. Jeden Tag wird für das nächste Vorspielen vor dem Professor geübt, pro Instrument vier bis sechs Stunden. Für die beiden ist das so entspannend wie für andere ein langer Spaziergang. Als Ausgleich zur klassischen Musik spielen sie bei Musicals im Gloria-Theater. Hanna hat zum Spaß nebenbei noch mit der Ukulele angefangen. "Aber für mehr bleibt keine Zeit," sagt sie lachend.
Und abends mal ein Buch lesen, ist denn dafür noch Zeit? Beide zögern kurz, schauen sich an, zucken mit den Schultern: "Für Musikbücher," antwortet Katrin schmunzelnd. Und Hanna ergänzt: "Es interessiert uns halt. Das ist dann auch keine Arbeit oder Pflicht, sondern Freude, das zu lesen."
Ausruhen auf ihren Erfolgen wollen sie sich nicht. "Musiker sind sehr selbstkritisch und nie stolz", sagt Katrin. Aber unter Druck gesetzt fühlen sie sich trotzdem nicht. Sie wissen, dass die Familie hinter ihnen steht. Und sie wissen, was sie wollen. "Man kann sich voll reinstürzen und das machen wir auch", sagt Hanna. Gibt es denn einen Ort, wo sie unbedingt mal spielen wollen? "Ja, schon. Die Wiener Staatsoper zum Beispiel", antwortet Katrin. Ob sie es dann geschafft hätte? Nein. "Als Musiker hat man mal ein Ziel erreicht, aber dann kommt schon das nächste."
Konzert
Am 17. März treten die Classic Twins zusammen mit dem Youtube-Star Laura Bretan auf. Laura Bretan hat bei den Talentshows "Romania’s Got Talent" mit ihrer für ihr Alter beachtlichen Opernstimme gewonnen und bei "America’s Got Talent" den sechsten Platz belegt. Das Konzert findet ab 20 Uhr im Gloria-Theater statt.
Bericht von Theresa Steudel
Mo, 26. Februar 2018
Bad Säckingen